KLATSCHE AUS KARLSRUHE: Bundesverfassungsgericht stoppen Habecks Heizungsgesetz | WELT Newsstream
Keine 48 Stunden vor dem endgültigen Parlamentsbeschluss zum umstrittenen Heizungsgesetz hat das Bundesverfassungsgericht das Vorhaben im Eilverfahren gestoppt. Die für Freitagmorgen geplante zweite und dritte Lesung im Bundestag dürfe nicht in der laufenden Sitzungswoche stattfinden, teilte das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe am Mittwoch mit. Es machte Zweifel geltend, dass die Rechte der Abgeordneten ausreichend gewahrt wurden in den Beratungen. Das Verfahren im Bundestag war von der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP eilig organisiert worden. Wer als Mieter oder Haus- und Wohnungsbesitzer nach Monaten des Koalitionsstreits weitgehende Klarheit erwartet hatte, muss sich nun weiter gedulden.
Für das weitere Verfahren gibt es nun zwei Möglichkeiten: Entweder trifft sich der Bundestag zu einer Sondersitzung in der Sommerpause, die eigentlich nach diesem Freitag beginnt - oder der Beschluss wird auf die Zeit ab September vertagt, wenn der Bundestag regulär wieder zusammenkäme.
Für die Ampel sind die deutlich geäußerten Bedenken der Richter eine politische Schlappe, Oppositionsvertreter sprachen von einer «Ohrfeige». Politiker der FDP, deren Partei den Kompromiss mitgetragen hatte, machten in ersten Reaktionen die Grünen verantwortlich. Die wiederum erklärten über Fraktionschefin Katharina Dröge, man habe Respekt vor dem Urteil und werde «schnell in der Ampel über den neuen Termin zur abschließenden Beratung entscheiden».
Im Kern sieht das Gebäudeenergiegesetz (GEG) vor, dass künftig nur Heizungen neu eingebaut werden dürfen, die auf Dauer zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden können. Die Kosten des Umstiegs sollen mit bis zu 70 Prozent aus Steuermitteln gefördert werden - ein genaues Konzept gibt es aber noch nicht.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann hatte eine einstweilige Anordnung beantragt, um dem Bundestag die abschließende Beratung und Abstimmung über das Gesetz zu untersagen, wenn der Gesetzentwurf den Abgeordneten nicht mindestens 14 Tage vorher schriftlich vorliegt - was nicht der Fall war. Heilmann schrieb auf Twitter: «Das ist ein großer Erfolg für unseren Parlamentarismus und in diesem konkreten Fall auch für den Klimaschutz!» Der Deutschen Presse-Agentur sagte er: «Das wird sicher Folgen für den Parlamentarismus haben, die ich so spontan noch nicht ganz übersehen kann.»
Heilmann hatte argumentiert, seine Rechte als Abgeordneter seien durch das Gesetzgebungsverfahren erheblich verletzt worden. «Die Ampel ruiniert die Wärmewende mit einem Last-minute-Gesetzespaket und einem verfassungswidrigen Verfahren», warf er der Koalition vor. Wegen der maximal verkürzten Beratungen zur Novelle des GEG im Parlament könne man keine konzeptionelle Schwächen des Gesetzespakets aufzeigen und ändern.
Dazu erklärte das Gericht nun, Heilmanns Hauptsacheantrag im Organstreitverfahren erscheine mit Blick auf sein Recht auf gleichberechtigte Teilhabe an der parlamentarischen Willensbildung aus Artikel 38 des Grundgesetzes weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet. «Den Abgeordneten steht nicht nur das Recht zu, im Deutschen Bundestag abzustimmen, sondern auch das Recht zu beraten.» Die Folgenabwägung führe zum Ergebnis, «dass die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe überwiegen». Das Interesse am Vermeiden einer nicht rückgängig zu machenden Verletzung der Beteiligungsrechte wiege schwerer als der Eingriff in die Verfahrensautonomie des Bundestags, der die Gesetzgebung lediglich verzögere. Die Entscheidung fiel im Zweiten Senat mit fünf gegen zwei Stimmen.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Öko-Energie betrieben werden muss. Damit soll die Wärmewende vorangebracht werden - als Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele. Von den rund 41 Millionen Haushalten heizt zurzeit nahezu jeder zweite mit Erdgas, ein weiteres Viertel mit Heizöl. Es sollen aber keine funktionierenden Öl- und Gasheizungen ausgetauscht werden müssen. Außerdem sollen defekte Heizungen repariert werden dürfen. Umweltverbände kritisieren, dass aufgrund von Schlupflöchern noch jahrelang weiter Gasheizungen neu eingebaut werden dürften.
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