Pandemiepolitik und die Kinderrechte - im Gespräch mit Prof. Dr. Michael Klundt
Mit dem einzigen Professor für Kinderpolitik in Deutschland, Dr. Michael Klundt, sprach ich neben der Kinderarmut in Deutschland vor allem über die Kinderrechte und deren Vereinbarkeit mit den überaus harten Corona-Maßnahmen gegenüber Kindern und Jugendlichen. Klundt hatte bereits im Sommer 2020 im Auftrag der Partei Die Linke eine Studie mit dem Namen “krisengerechte Kinder statt kindergerechtem Krisenmanagement“ vorgelegt. Im September 2020 stellte er seine Untersuchungsergebnisse der Kinderkommission des Deutschen Bundestages (KiKo) vor. Er kam damals zu dem Ergebnis, dass “Kinderrechte weitgehend ignoriert wurden und Bund und Länder ihrer Verpflichtung zu Schutz, Beteiligung und Fürsorge für 13 Millionen Kinder nicht nachgekommen sind“. Kinder wurden wie “Objekte behandelt“, so Klundt.
Trotz seines Vortrages wurden Ende 2020 wieder Schulen geschlossen und die Maßnahmen gegen Kinder und Jugendlichen verschärft. All das geschah, obwohl Deutschland die UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert hat und es sich daher um ein in Deutschland geltendes Bundesgesetz handelt. Dort heißt es unter anderem:
„Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.“
UN-Kinderrechtskonvention, Artikel 3
Obwohl sich schnell abzeichnete, dass die Coronamaßnahmen gegenüber Kindern und Jugendlichen immense negative Folgen für ihre Gesundheit nach sich ziehen, war der Schutz des Kindeswohls, trotz Lippenbekenntnissen aus der Politik, in der gesamten Pandemiepolitik eher nachrangig. War das eine Folge der einseitigen Politikberatung durch Virologen, wie Herr Drosten, der am 4. Oktober 2023 behauptet: “Das Schließen der Schulen hat nicht nur die Infektionszahlen, sondern eindeutig auch die Zahl der Erkrankten und Verstorbenen in der gesamten Gesellschaft gesenkt.“?
Unser Gespräch blickt chronologisch auf das Coronageschehen der letzten Jahre und geht der Frage nach, wie es sein konnte, dass das Kindeswohl und die Kinderrecht so in Vergessenheit gerieten. Klundt ist der Meinung, dass eine politikwissenschaftliche und demokrietheoretische Aufarbeitung der Pandemiepolitik sehr wichtig ist, damit das Wohl von Kindern und Jugendlichen das nächste Mal vorrangig behandelt wird. Dafür braucht es eine interdisziplinäre Politikberatung, die verschiedene Stimmen aus Praxis und Wissenschaft einbezieht, statt nur einigen wenigen Wissenschaftlern zu vertrauen. Klundt nennt letzteres “Pluralismusprävention“.
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