Markus Becker spielt die Aquarellen op. 25 von Max Reger (1873-1916).
00:00 Titelblatt
00:03 1. Canzonetta
Allegretto con espressione, a-Moll, 2/4
01:37 2. Humoreske
Allegro molto e con leggierezza, G-Dur, 2/4
03:09 3. Impromptu
Poco agitato, e-Moll, 6/8
05:48 4. Nordische Ballade
Pesante, c-Moll, 6/4
11:03 5. Mazurka
Allegretto grazioso, Es-Dur, 3/4
Die fünf kleinen, durchaus viruosen Tonbilder für Klavier, die Aquarellen op. 25, entstanden 1897 und ’98 in Max Regers (1873-1916) Wiesbadener Zeit. Heraus sticht die Nordische Ballade, ein für Reger untypischer aber attraktiver Titel für dieses ruhige lyrische Stück. Es entstammt der Sammlung “Grüße an die Jugend“, die im Mai 1898 fertig gestellt wurde und dem “Meister Edvard Grieg in Verehrung“ gewidmet war. Der Londoner Verlag Augener, zu dem Reger ein turbulentes Verhältnis hatte, empfahl ihm schon Jahre zuvor den norwegischen Komponisten als beispielhaft. Regers Meinung über Grieg: “Ach Gott, was ist denn schließlich die ganze Originalität Griegs. Seine Kammermusikwerke sind einfach keine Kammermusikwerke. Er kommt mir vor wie ein in Syrup getaufter nordischer Bauer.“ Wenige Jahre später bezeichnete Grieg ebenso krass das undurchdringliche Stimmengewirr von Regers Zweitem Klavierquintett op. 64 als “Plumpudding“. Dennoch entstand diese Nordische Ballade als Verbeugung vor dem Verleger, der aber schließlich den Druck der weitestgehend auf polyphone Stimmführung verzichtenden Sammlung “Grüße an die Jugend“ - ebenso wie zuvor die Sammlung “Aus der Jugendzeit“, die Jahre nach ihrer Entstehung als op. 17 erschien - ablehnte.
Reger befand sich zu dieser Zeit in einer existenziellen Krise. Der Vorgänger des Zweiten Klavierquintetts, das Erste in c-Moll WoO II/9, trieb dem Verleger als Autograph eingereicht “Tabaks- und Biergeruch“ in die Nase und ließ ihn sonst “keinerlei Vorzüge entdeck[en]“. “Reger lag, an seinen Füßen leidend, im Bett. Auf dem Nachttisch stand eine große Flasche Bier.“* Er erschien immer wieder in verwahrlostem Zustand zum Klavierunterricht und muss allgemein abstoßend gewirkt haben. “Reger führte kein geregeltes Leben mehr, blieb tagsüber depressiv im Bett liegen“.** Ein Versuch des Vetters, ihn in das heimische Weiden zu holen, blieb erfolglos; Reger war überzeugt, sich aus eigener Kraft aus seiner Misere befreien zu können.
Umso erstaunlicher ist die Heiterkeit, die aus dieser Sammlung strahlt. Durchweg fröhliche, der Romantik und besonders dem Brahms’schen Stil verpflichtete Musik, die nur zu selten erklingt.
(Oliver Tjabben, Februar 2022)
* “Max Reger - Werk statt Leben“, Susanne Popp, 2015. S. 110.
** -“-. S. 111.
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