Lisa Fitz — So werden wir manipuliert (SWR Spätschicht)

Die bewusste und zielgerichtete Manipulation der Verhaltenweisen und Meinungen der Massen ist ein wesentlicher Bestandteil in einer demokratischen Gesellschaft. Diejenigen, die den unsichtbaren Mechanismus der Gesellschaft manipulieren, bilden eine unsichtbare Regierung, welche die wahre Herrschaft in unserem Land ausübt. Wir werden von Personen regiert, deren Namen wir noch nie gehört haben. Sie beeinflussen unsere Meinungen, unseren Geschmack, unsere Gedanken. Doch das ist nicht überraschend, dieser Zustand ist nur eine logische Folge der Struktur unserer Demokratie: Wenn viele Menschen möglichst reibungslos in einer Gesellschaft zusammenleben sollen, sind Steuerungsprozesse dieser Art unumgänglich. Die unsichtbaren Herrscher kennen sich auch untereinander meist nicht mit Namen. Die Mitglieder des Schattenkabinetts regieren uns dank ihrer angeborenen Führungsqualitäten, ihrer Fähigkeit, der Gesellschaft dringend benötigte Impulse zu geben, und aufgrund der Schlüsselpositionen, die sie in der Gesellschaft einnehmen. Ob es uns gefällt oder nicht, Tatsache ist, dass wir in fast allen Aspekten des täglichen Lebens, ob in Wirtschaft oder Politik, unserem Sozialverhalten oder unseren ethischen Einstellungen, von einer (angesichts von 120 Millionen US-Bürgern) relativ kleinen Gruppe Menschen abhängig sind, die die mentalen Abläufe und gesellschaftlichen Dynamiken von Massen verstehen. Sie steuern die öffentliche Meinung, stärken alte gesellschaftliche Kräfte und bedenken neue Wege, um die Welt zusammenzuhalten und zu führen. Die Notwendigkeit dieser unsichtbaren Instanzen für ein gut funktionierendes Zusammenleben aller wird in der Regel verkannt. Nehmen wir zum Beispiel die Politik: Natürlich kann jeder Bürger wählen, wen er will. Aber politische Parteien als Teil des Regierungssystems sind in der amerikanischen Verfassung gar nicht vorgesehen, und die Verfassungsväter hatten sicherlich eine andere Vorstellung von der politischen Maschinerie in unserem Land als das, was wir heute vorfinden ... Theoretisch bildet sich jeder freie Bürger seine eigene Meinung zu Fragen des öffentlichen Lebens wie zu seinem eigenen Verhalten. In der Praxis ist es jedoch kaum möglich, sich mit jedem komplexen ökonomischen, politischen und ethischen Zusammenhang auseinanderzusetzen oder gar eine eigene Position dazu zu beziehen. Vermutlich käme man nicht in einem einzigen Fall zu einem befriedigenden Ergebnis. Weil dem so ist, haben wir uns freiwillig darauf geeinigt, dass unsichtbare Gremien sämtliche Daten filtern, uns nur noch die wesentlichen Themen präsentieren und damit die Wahlmöglichkeiten auf ein verdauliches Maß reduzieren. Von den Meinungsführern und den Medien, über die sie sich an die Öffentlichkeit wenden, übernehmen wir die Beweisführung und die diversen Positionen zu den Themen, die gerade diskutiert werden; und vom ethischen Führungspersonal, seien es Priester, berühmte Schriftsteller oder einfach prominente Vertreter der vorherrschenden Meinung, übernehmen wir die Normen für unser Verhalten in der Gesellschaft - an die wir uns in der Regel gebunden fühlen. Edward Bernays (*1891,†1995) in seinem 1928 erschienenen berühmten Buch PROPAGANDA - Die Kunst der Public Relations, welches erst 2007 in deutscher Übersetzung erschienen ist. Der berühmte Sprachwissenschaftler Noam Chomsky (*1928), einer der weltweit bekanntesten linken Intellektuellen und seit den 1960er Jahren einer der prominentesten Kritiker der US-amerikanischen Politik, schreibt in seinem Buch »Wege zur intellektuellen Selbstverteidigung«: “Man sollte vielleicht nicht darüber lächeln, wenn ich den Schulen vorschlage, (...) den Schülern Abwehrtechniken zu vermitteln, mit deren Hilfe diese sich vor der ständig anrollenden Welle der Regierungspropaganda und vor der naturgegebenen Einseitigkeit der Massenmedien schützen können. Und um zum Thema zurückzukommen: Sie sollten sich auch vor der ebenso naturgegebenen Neigung schützen, genau wie große Teile der amerikanischen Intelligenz ihr Leben an der Macht und deren möglichst wirksamer Ausübung auszurichten, statt an Wahrheit und Gerechtigkeit (...)“
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